Volkswirtschaftliche und politische Perspektiven zum Gemeinwohl

Das Interview zu den volkswirtschaftlichen und politischen Perspektiven zum Gemeinwohl ist im BKU-Journal 2/2022 erschienen. Dort musste es aus Platzgründen redaktionell gekürzt werden. Hier finden Sie die Langfassung des Interviews zum nachlesen.

Doppelinterview mit Prof. Dr. Stefan Kooths (Kieler Institut für Weltwirtschaft) und Yvonne Zwick (B.A.U.M. e.V., Netzwerk für Nachhaltiges Wirtschaften)
von Markus Jonas

Wirtschaftliches, unternehmerisches Handeln und das Gemeinwohl – passt das überhaupt zusammen?

Yvonne Zwick: Unbedingt. Ich bin sogar der Meinung, dass es eine Einheit bildet. Wer wirklich unternehmerisch denkt und handelt, wirkt ja nicht darauf hin, irgendwann sein Unternehmen zu schließen, sondern sondiert in weiser Voraussicht alle möglichen aufkommenden Risiken, die sich zu einem handfesten Risiko für die Unternehmung mausern können. Wir sehen auch, dass gemeinwohlorientierte Unternehmen, die dafür sorgen, möglichst viel ihrer Wertschöpfung an der Basis oder etwa in den Vorstufen ermöglichen, auch in Krisenzeiten stabiler sind. In Bezug auf die Zuverlässigkeit der Lieferbeziehungen, aber auch in Bezug auf die Stabilität von Preisen, wenn von sich aus die Preisfindung in gegenseitigem Respekt und Wertschätzung stattfindet anstatt den Preis so weit es geht zu drücken, um die eigene Marge zu steigern.

Stefan Kooths: Unternehmen dienen dem Gemeinwohl dadurch, dass sie die Güterproduktion danach ausrichten, was den Konsumenten am wichtigsten ist. Ökonomen nennen das Konsumentensouveränität. Sie können es auch die Demokratie des Marktes nennen. Kaufkraft bekommt derjenige, der Werte schafft. Und was ein Wert ist, entscheiden die Konsumenten über anonyme Marktprozesse. Erst wenn die Konsumenten Ihnen auf die Schulter klopfen (indem sie Ihr Angebot annehmen und dafür bezahlen), haben Sie etwas geleistet. Der Kunde ist also tatsächlich König – darum geht es. Erfolgreiche Unternehmer müssen sich daher in den Dienst am Kunden stellen.

Wenn wir über darüber reden, wie man unternehmerisch Gemeinwohl schaffen kann – welche Rolle kann dabei die Soziale Marktwirtschaft spielen?

Yvonne Zwick: Sie tut es schon, indem sie Umverteilung organisiert. Unsere Gesellschaft dankt es mit einem verhältnismäßig guten Zusammenhalt und im Kern grundständiger Solidarität. Der nächste Schritt wird sein, die gesellschaftliche und ökologische Rendite unternehmerischer Aktivitäten sicht- und damit bilanzierbar zu machen, sodass die Märkte auch diese Dimensionen von Gewinn durch unternehmerisches Handeln honorieren können.

Stefan Kooths: Das „Soziale“ an der Sozialen Marktwirtschaft ist der Wettbewerb, der staatliche und private Machtpositionen schleift. Auf diese Weise wird das Gewinnstreben so kanalisiert, dass sich Unternehmen um die wichtigsten Bedürfnisse der Menschen kümmern. Es ist unstrittig, das durch ein existenzsicherndes Umverteilungsnetz zu ergänzen, also denen zu helfen, die sich nicht selbst helfen können. Davon sind wir aber mittlerweile weit entfernt, weil der Staat viel von der linken in die rechte Tasche der Menschen umverteilt. Dabei bleibt nicht nur viel Geld an den klebrigen Händen des Umverteilungsstaates hängen, sondern er entmündigt damit auch die individuellen Akteure, die damit übermäßig in ihrer Lebensgestaltung eingeschränkt werden. Sie stehen dann einer Zwangsbürokratie gegenüber, die nur noch über den Standortwettbewerb in Schach gehalten wird, wobei die Abwanderung meist nur für die ökonomisch Stärkeren eine echte Option ist. Gerade die Schwächeren bleiben den Umverteilungssystemen ausgeliefert, die nicht im Leistungswettbewerb stehen, sondern auf staatlicher Zwangsgewalt beruhen.

In seinen Thesen zum Thema „Unternehmerisch Gemeinwohl schaffen“ bezeichnet der BKU die Soziale Marktwirtschaft als „gesellschaftliches Friedensprojekt“, weil sie neben dem Prinzip des freien Wettbewerbs die Gemeinwohlorientierung in ihrem Institutionensystem fest verankert. Der BKU gibt damit dieser Wirtschaftsordnung eine Mitverantwortung u. a. bei der Lohnfindung und der beruflichen Bildung. Ist das aus Ihrer Sicht ein Vorteil oder ein Nachteil gegenüber anderen Wirtschaftsordnungen in der Welt?

Yvonne Zwick: Es ist ein Vorteil, denn hier wird Wirtschaft zum Partner der Politik und des öffentlichen Gemeinwesens. Und wir wissen ja, dass Unternehmen auf Voraussetzungen angewiesen sind, die sie selbst nicht schaffen können, das heißt: die Unternehmen handeln mit der umfassenden Übernahme von Verantwortung auch im eigenen Interesse. Je höher das Vertrauen ineinander und die Systeme, umso höher die Sorglosigkeit, der Ideenreichtum und Profitabilität.

Stefan Kooths: Die Wirtschaftsordnung, also das „System“, kann niemals „Verantwortung“ übernehmen. Das können nur individuelle Akteure. In jedem Kollektiv löst sich Verantwortung sofort auf. Wenn alle verantwortlich sind, ist keiner verantwortlich. Der große Vorteil der Marktwirtschaft besteht darin, das individuelle Gewinnstreben – auf das man sich als Triebkraft immer verlassen kann –, über Wettbewerb in den Dienst des Gemeinwohls zu stellen, ohne dass die individuellen Akteure das überhaupt bemerken. Es wäre auch aussichtslos, einem einzelnen Akteur aufzutragen, „an das Gemeinwohl zu denken“, weil er gar nicht wüsste, was er dafür machen soll. Erst wettbewerbliche Marktpreise signalisieren, was allgemein als wertvoll erachtet wird und was nicht. Dafür sind offene Märkte der beste Garant. Dazu gehört immer das Haftungsprinzip. Wer mit seinen Kosten mehr Werte vernichtet als er als Umsatz neue Werte für andere schafft, bekommt in Form von Verlusten im Markt die gelbe Karte. Wer das ignoriert, bekommt schließlich in Form des Konkurses die rote Karte. So werden zugleich im Markt Vermögen umverteilt – weg von den Wertvernichtern und hin zu den Wertschöpfern. Wird hingegen das Haftungsprinzip außer Kraft gesetzt – etwa durch staatliche Bailouts –, geht die entscheidende Verantwortlichkeit der unternehmerischen Akteure über Bord. Nur für solche Güter, die sich wegen der Trittbrettfahrerproblematik nicht über Märkte bereitstellen lassen – etwa der äußeren Sicherheit – bleibt der Staat exklusiv zuständig. Bezeichnenderweise ist er ausgerechnet dort seiner Aufgabe nicht gerecht geworden, während er sich in viele andere Dinge eingemischt hat, wo er gar nichts zu suchen hat.

Im Rahmen seiner Thesen zur Sozialen Marktwirtschaft verweist der BKU auch auf die Pflicht des Gesetzgebers, betroffene Wirtschaftszweige anzuhören. Geschieht dies ausreichend – oder zu viel, wie manche Kritiker des Lobbyismus befürchten?

Stefan Kooths: Je interventionistischer der Staat agiert – je komplexer also das Regelwerk wird – desto eher macht er sich zur Beute von Partikularinteressen. Das beschädigt dann nicht nur den Leistungswettbewerb in der Wirtschaft, sondern auch den demokratischen Wettbewerb in der Politik. Beschränkt sich der Staat hingegen auf allgemeine Regeln, können Interessenvertreter wenig Schaden anrichten, sondern durch ihr Mitwirken wichtiges Wissen in den politischen Prozess einspeisen, wobei sich gegenläufige Partikularinteressen neutralisieren. Das Gemeinwohl ist aber eben nicht die Summe der Partikularinteressen, deshalb kann es niemals darum gehen, jedem in Klüngelmanier ein Stück weit entgegenzukommen. Dieser „rheinische Kapitalismus“ hat mit Sozialer Marktwirtschaft nichts zu tun.

Yvonne Zwick: Diese Frage wäre ein Thema für eine längere Diskussion. Es kommt auf die Form an, wie die betroffenen Wirtschaftszweige gehört werden. Leider spielen da manche Strukturen eine wenig konstruktive Rolle und ich wünsche mir viel mehr direkten Austausch und Kontakt seitens der Politik mit einzelnen Unternehmerinnen und Unternehmern, um zu hören, zu lernen und zu verstehen, was die reale betriebliche Praxis ist und wo die wesentlichen Blockaden liegen, die Politik lösen muss, um etwa resiliente, regionale Wirtschaftsstrukturen zu unterstützen. Die Frage ist immer, wer kommuniziert. So manche Debatte kann nur schwer delegiert werden, weil manche Strukturen zu behäbig sind. Das Geschäftsmodell so manches Verbandes ist recht fragwürdig und hat mehr mit aufmerksamkeitsökonomischem Gebrüll und business as usual, denn mit der Suche nach Lösungen für die immensen systemischen Herausforderungen zu tun.

Unter dem Einfluss der globalisierten Wirtschaft scheint die Soziale Marktwirtschaft in vergangenen Jahren auch in Deutschland unter Druck gekommen zu sein. Sollte dieses Modell der Sozialen Marktwirtschaft seitens der Politik stärker beachtet werden? Kann es nachhaltiges Wirtschaften fördern – auch auf der internationalen Bühne? Oder hat es dort keine Chance?

Yvonne Zwick: Gerade Europa bietet hier eine sehr gute Anknüpfungsfläche. Die EU-Kommission hat langsam aber sehr weitreichend und konsequent ein ganzes Bündel von Regulierungsinitiativen gestartet, mit der sie auf die Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2008/2009 und den Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesh 2012 reagiert. Die Folge: Banken und Finanzinstitute müssen seit 2021 über die Verankerung von Nachhaltigkeitsaspekten im Kerngeschäft berichten, seit August die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kundinnen und Kunden abfragen. Im besten Fall entstehen daraus neue Partnerschaften für zukunftsfähige Infrastrukturen, die den Unternehmen nützen, es kann in dezentrale Erneuerbare Energien und Ressourceneffizienz in Produktionsstandorten können investiert werden. Warum keine PV auf jedes Flachdach? Günstiger kommt man aus der prekären Energielage nicht raus. Und das europäische Sorgfaltspflichtengesetz wird das sozial verantwortliche Unternehmensideal in anonymen Geschäftsbeziehungen weltweit im Sinne von Arbeits- und Menschenrechten weiterentwickeln. Es wäre doch sehr wünschenswert, wenn diese Chance, Wohlstand weltweit zu fördern, zu einer global nachhaltigen Entwicklung beitrüge. Der Planet ist rund, wir sind ein Team, weltweit, auch wenn unsere gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Systeme sich sehr stark unterscheiden mögen. Krisen und Verwerfungen an anderen Orten der Welt landen über kurz oder lang wieder bei uns an – ob es wirtschaftliche, ökologische oder gesellschaftliche Krisen sind.

Stefan Kooths: Dem Kerngedanken der Sozialen Marktwirtschaft kann die Globalisierung nicht nur nichts anhaben, sondern sie stärkt sie sogar. Denn Weltmärkte lassen sich nicht so leicht vermachten wie national abgeschirmte Märkte. Und Protektionismus nach außen ist immer auch das Einfallstor für Protektionismus nach innen. Auch mit Blick auf die ökonomische Leistungsfähigkeit braucht die Soziale Marktwirtschaft keinen Wettbewerb zu scheuen. Bislang hat kein anderes System bewiesen, die hochkomplexe sozioökonomische Koordinationsleistung, um die es in einer Wirtschaftsordnung geht, besser zu bewältigen. Schon gar nicht muss man sich vor autokratischen Kommandowirtschaften fürchten.

Unternehmen sind ein wichtiger Treiber von Veränderungen, die das Gemeinwohl fördern, etwa bei der Entwicklung nachhaltiger Lebens- und Wirtschaftsformen. Wie kann diese unternehmerische Kreativität stärker seitens der Politik gefördert werden – etwa im Hinblick auf CO2-Einsparungen und Innovationen zur Bekämpfung des Klimawandels?

Stefan Kooths: Indem sich der Staat darauf beschränkt, über Zertifikate Eigentumsrechte für CO2-Emissionen zu schaffen und alles weitere der Kreativität der Marktakteure zu überlassen. Sobald Emissionen einen Preis haben, werden sie bewirtschaftet, wie jede andere Ressource auch. Zusätzliche Technologievorgaben machen die Dekarbonisierung nur unnötig teurer – und schmälern in der Folge auch die politische Akzeptanz.

Yvonne Zwick: Momentan entsteht durch die Ausweitung von Berichtspflichten ein neuer Markt: zunächst für Nachhaltigkeitsinformationen. Je aussagekräftiger und belastbarer sie sind, umso eher werden sie in Analyse, Kauf- und Beschaffungsentscheidungen, bei Investitionen und in der Kreditvergabe und selbstredend auch in der Steuerpolitik berücksichtigt werden. Das Zauberwort ist Impact. Wir setzen uns als Unternehmensverband dafür ein, dass Produkte und Dienstleistungen von glaubwürdig nachhaltig handelnden Unternehmen steuerlich belohnt werden, damit die Preise endlich die ökologische und gesellschaftliche Wahrheit sprechen. Dass die Subventions- und Förderpolitik dem entsprechend konsequent auf Nachhaltigkeitsleistungen und die Transformation ausgerichtet werden müssen, versteht sich von selbst. Auch hier hat die EU-Kommission vorgelegt, indem sie mit der Taxonomie nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten qualifizierbar macht – nicht nur für dunkelgrün, sondern auch für die Technologien und Wirtschaftsprozesse, die nachhaltiges Wirtschaften unterstützen und auf dem Weg im Übergang noch für eine gewisse Zeit erforderlich sein mögen.

Die Ansprüche an die Qualifikation von gut bezahlten Arbeitnehmern sind gestiegen, ebenso die Zahl prekär beschäftigter Arbeitnehmer. Was können Unternehmen dazu beitragen, dass mehr auch niedriger qualifizierte Arbeitsplätze mit fairen Löhnen zur Verfügung stehen? Welche Vorgaben oder Hilfen braucht es dafür seitens der Politik?

Stefan Kooths: Unternehmen stehen auf Arbeitsmärkten im Wettbewerb untereinander. Wer gute Arbeitsbedingungen – materiell wie immateriell – bietet, wird typischerweise auch erfolgreicher sein. Faire – und das kann nur heißen: produktivitätsgerechte – Löhne bilden sich so von ganz allein. Der Staat muss hingegen dafür sorgen, dass sich Arbeit auch netto lohnt. Zentral ist dabei ein gut aufeinander abgestimmtes Abgaben-Transfer-System. Hier hapert es in Deutschland derzeit an vielen Stellen. Die eigentliche Umverteilungsaufgabe muss dabei immer der Staat wahrnehmen, das kann er nicht an die Unternehmen delegieren. Das Ziel muss dabei stets ein aktivierender Sozialstaat sein, der Menschen mit geringer Produktivität nicht nur versorgt, sondern ihnen auch hilft, selbst produktiver zu werden.

Yvonne Zwick: Wir brauchen seitens der Politik ein klares Zielbild: Wohin steuert sie unsere Volkswirtschaft? Was ist die Vision? Wir haben zwei Referenzdokumente, die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie und den Jahreswirtschaftsbericht zur gesamtwirtschaftlichen Leistungsbilanz, die das BMWK im Frühjahr 2022 veröffentlich hat. Darin steckt viel Orientierendes, und beide Dokumente eint, dass sie über Jahre entwickelt und ausgearbeitet wurden. Diese Botschaften müssen in die alltägliche politische Rede, um eine Aufbruchsstimmung zu erzeugen und Wertschätzung für Arbeit auf ganz unterschiedlichen Ebenen, die reale Werte schafft, auszudrücken. Momentan haben wir eine Goldgräberstimmung vor allem bei Beratungen angesichts der Ausweitung von Berichtspflichten. Was ich mir wünschen würde, wäre eine Aufbruchsstimmung in der Realwirtschaft, die sagt: „Wir packen das! Wir lösen die multiplen Krisen effektiv und effizient, wie es nur die Wirtschaft kann, denn: Wir haben verstanden!“ Von der Politik würde ich mir wünschen, dass sie sich weit mehr zurückhält. Zielmarken und Wirkungsindikatoren mit zeitlicher Dimension ausgeben, um Himmels Willen keine konkreten Technologien festlegen und subventionieren, sondern Windhundverfahren auslösen. Wenn dann die Unternehmen ihre Vision, das, woran sie arbeiten, kommunizieren, werden sie auch die pfiffigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekommen, die ihnen helfen, sie umzusetzen.

Dass grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Rahmen globaler Wertschöpfungsketten zu interkultureller Verständigung beiträgt, war lange Zeit eine Prämisse westlicher Wirtschaftspolitik. Immerhin entwickelte sich so die deutsch-französische Freundschaft nach dem Zweiten Weltkrieg. Gilt das noch angesichts des Krieges in der Ukraine und der angespannten Beziehungen zur mächtigen Wirtschaftsnation China?

Stefan Kooths: Diese Prämisse hat nichts an ihrer Richtigkeit verloren. Wandel durch Handel war nie ein Automatismus, aber die Geschichte lehrt, dass ökonomischer Austausch das friedliche Miteinander fördert. Kein Wunder: Marktprozesse sind Tauschakte und Tausch ist immer freiwillig. Er kommt daher nur zustande, wenn beide Seiten einen Vorteil darin erkennen. Somit ist die Kooperationsprämie fest in jeder Markttransaktion eingebaut. Das ist der Grund, weshalb man sich nach einem Geschäftsabschluss gegenseitig dankt. Darüber hinaus ist es immer gut, wenn Menschen sich begegnen. Grenzüberschreitende ökonomische Aktivität bietet viele Gelegenheiten dazu. Das fördert zugleich die Toleranz. Weltoffenheit ist nicht zufällig eine hanseatische Tugend.

Yvonne Zwick: Wissen Sie, ich bin ein sehr großer Fan der globalen Nachhaltigkeitsziele. Warum? Sie sind unideologisch und formulieren 17 gemeinsame Werte der Staatengemeinschaft. Kein Unternehmer, keine Unternehmerin steht auf, um Menschen oder der Umwelt zu schaden, nirgendwo. Mit Investitionen und unternehmerischer Zusammenarbeit, die an die 17 Ziele gebunden ist, schaffen wir Partnerschaften auf Augenhöhe. In der Evaluierung wird man hier und da zu dem Schluss kommen, dass eine Investition zu riskant ist, weil der Staat, in dem ein Unternehmen ansässig ist, nicht hinreichend zuverlässig ist. Ich halte es für die Verantwortung von Unternehmen, sich dieser Risiken bewusst zu werden, im Zweifel gegen eine Zusammenarbeit zu entscheiden und im Gespräch zu bleiben für die Zeit, wo sich die Bedingungen wieder bessern.

Zusammenfassende Abschlussfrage: Unternehmerisch Gemeinwohl schaffen – ist das eine realistische Perspektive für die Unternehmen in Deutschland? Und kann es gelingen, dieses Ziel auch in der Weltwirtschaft umzusetzen?

Yvonne Zwick: Ja, das ist es. Wir haben die unternehmerischen Erfolgsgeschichten und es lohnt sich, sie weltweit zu erzählen.

Stefan Kooths: Unternehmen arbeiten jeden Tag für das Gemeinwohl, indem sie Konsumenten mit den Gütern versorgen, die diese haben wollen, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen. In einer Marktwirtschaft läuft das so geräuschlos ab, dass die Menschen das für selbstverständlich halten. Daher: Sie dürfen sich bei jedem Einkauf gerne ein bisschen wundern, dass Sie in den Regalen meist immer genau das finden, was Sie auch tatsächlich kaufen wollen. Das gibt es nur in Marktwirtschaften, in allen anderen Systemen stehen sie vor leeren Regalen – oder in langen Warteschlangen.


Zur Person

Yvonne Zwick (Foto: Hoffotografen)

Yvonne Zwick, geboren 1976, ist Vorsitzende von B.A.U.M. e.V., dem Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften mit weit über 700 Mitgliedern. Sie studierte katholische Theologie mit Schwerpunkt christliche Gesellschaftslehre an der Albert-Ludwig-Universität Freiburg. Im Anschluss durchlief sie verschiedene Stationen u. a. in der Geschäftsstelle des Rates für nachhaltige Entwicklung, wo sie zuletzt als Stellvertretende Generalsekretärin das Büro des Deutschen Nachhaltigkeitskodex leitete und maßgeblich für die Entwicklung des Deutschen Nachhaltigkeitskodex verantwortlich war.

Prof. Dr. Stefan Kooths (Foto: IFW)

Der Ökonom Stefan Kooths, geboren 1969, ist Vizepräsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), einem der sechs führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute, und Leiter des dortigen Prognosezentrums. Er studierte und promovierte an der Universität Münster. 2013 übernahm er zudem eine Professur für Volkswirtschaftslehre an der privaten Fachhochschule University of Applied Sciences Europe in Berlin. Kooths ist Mitglied des Kuratoriums der 2015 von Frank Schäffler gegründeten Denkfabrik „Prometheus“.

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