Wie wandel in der lehre funktioniert

Bild: Felix Maier (Uni Tübingen) Andreas Kirchartz (Wilhelmsstift), Cornel Pottgiesser (DG Vorsitzender Stuttgart) – von links nach rechts

Was ist das eigentlich: Katholisch-Sein, Kirche, Glauben – vor allem vor dem Hintergrund der akuten Krisen der Institution Kirche. Und was haben sich jüngere Theologen und wirtschaftlich geprägte Laien dazu zu sagen? Unter anderem um diese Fragen drehte sich das diesjährige Treffen der Stuttgarter BKU-Diözesangruppe im Tübinger Wilhelmsstift.

Der inhaltliche Anstoß für die Veranstaltung kam von Michael Seewald und seinem Buch „Dogma im Wandel“. Als prominente Stichtwortgeber dienten der Veranstaltungsreihe in den letzten Jahren bereits Michael Theobald (Kirche im Werden), Karl Rahner (Rahner meets Rosa) und Hans Zollner (Wandel durch Bruch).

Bereits der Tagungsort, das Wilhelmsstift, passte zum Thema. Das ehemalige Franziskanerkloster und Collegium illustre wurde 1817 vom protestantischen württembergischen König Wilhelm I als katholisches Stift gestiftet und diente seither als Bischöfliches Theologenkonvikt – historische und ehrwürdige Gemäuer, die schon genauso viel Tradition wie Veränderung haben sehen dürfen.

Zum Einstieg in die Tagung vermittelte Felix Maier, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Dogmatik, Dogmengeschichte und Ökumenische Theologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen, der Runde einen Orientierungsrahmen: Was ist Theologie? In welchem Spannungsgefüge bewegen sich theologische Positionen? Was lässt sich an der Entstehungsgeschichte des Dogmas der „Unfehlbarkeit“ erkennen?

Dogmen sind Ausdruck der Identität der Institution Kirche

Die Tagung förderte dabei Erkenntnisse grundsätzlicher Natur zutage: Dogmen und andere Lehrsätze sind nicht nur Leitplanken der Glaubenslehre, sondern auch Ausdruck der Identität der Institution Kirche. Dagegen stehen häufig die Ansprüche der jeweiligen Zeit und damit verbunden der Ruf nach Reformen.

Michael Seewald brachte diesen Sachverhalt so auf den Punkt:
„Ein gesunder Konservatismus erlaubt es der Kirche, auch durch die Jahrtausende hindurch sie selbst zu bleiben. Ein gesunder Evolutionismus erlaubt es ihr, stets jung zu sein. Nachrufe auf die Kirche wurden schon viele geschrieben. Sie hat ihre Verfasser alle überlebt.“
(aus: Michael Seewald: Dogma im Wandel, Wie Glaubenslehren sich entwickeln, Herder Verlag 2018)

Das Zitat Seewalds führte die Teilnehmer der Tagung schließlich auch zur nächsten Frage: Wie funktioniert eigentlich „Wandel in der Lehre“? Andreas Kirchartz, Repetent am Wilhelmsstift und ehemaliger Kommilitone Seewalds, beschreibt drei Modi, die zeigen, wie taktisch geschickt und manchmal verschleiernd die Kirche bisweilen Wandel betreibt. Konkrete Fälle verdeutlichen die unterschiedlichen Entwicklungen verschiedener dogmatischer Veränderungen:
• Sakramentenempfang wiederverheirateter Geschiedener (Amoris Laetitia – 2016)
• Abschaffung der Todesstrafe (Änderung des Katechismus – 2018)
• Segnung von „irregulären“ Paaren (Dezember 2023)

Dogmen werden bisweilen taktisch geschickt und halb verschleiernd reformiert

Gerade am Falle von Amoris Laetitia ist ein mustergültiges Beispiel für eine solche taktisch geschickte, halb verschleiernde dogmatische Reform zu studieren. In einer Fußnote eines päpstlichen Schreibens verbarg sich damals offensichtlich Neues: Hilfe für Menschen, die in einem „Dauerzustand der Sünde“ sind, konnten nach Papst Franziskus‘ Dafürhalten auch die Sakramente sein - eben jene Sakramente, die nach Lehre der Kirche Menschen verwehrt sind, die in Sünde leben.

Als eine erhellende Erkenntnis des Nachmittags empfanden die Tagungsteilnehmer, wie hilfreich es sein kann, sich bei strittigen Themen im Sinne einer wissenschaftlichen Vorgehensweise immer auch die Zeitumstände, die geschichtliche Entwicklung und die handelnden Personen vor Augen zu führen. Diese geschichtliche Perspektive erleichtert den Dialog. Letzterer verläuft heutzutage zwischen Amtskirche und wissenschaftlicher Theologie gerade ausgesprochen mühsam, was auch schon einmal anders war. Als Fazit der Tagung nahmen die Teilnehmer mit: Reformen passieren, aber bisweilen halb verborgen und aus Sicht der im weitesten Sinne Betroffenen ziemlich zäh.

Dementsprechend viele Aufhänger gab es für die anschließende Diskussion. Nach einem munteren Austausch kam dann aber auch die Zeit, zum Abendessen in die nahegelegene „Forelle“ aufzubrechen und die Tagung in geselliger Runde zu beschließen.

Reinald Wolff, DG Stuttgart

Aktuelles

// BKU-Frühjahrstagung bot Rüstzeug für Umgang mit KI

Haben wir schon das nötige geistliche, wissenschaftliche und praktische Rüstzeug zum effizienten und ethisch verantwortbaren Umgang mit KI-Technologien? Die BKU-Frühjahrstagung im Kölner Maternushaus zum Thema „KI im Unternehmen“ leistete einen wertvollen Beitrag auf dem Weg dahin.

// Handeln aus dem Glauben: Zwei Wochen „Tagesevangelium“ mit zwei BKU-Vorständen

Mit dem BKU-Bundesvorsitzenden Dr. Martin Nebeling und dem BKU-Bundesvorstandsmitglied und Vorsitzenden der BKU-Diözesangruppe Bonn, Dr. Rüdiger von Stengel, waren zwei Wochen hintereinander täglich zwei BKU-Vorstände im Audioformat „Tagesevangelium“ des Domradios zu hören. Sie sprachen unter anderem über ihren christlichen Glauben als Anker im privaten, beruflichen und politischen Handeln.

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