BKU-Frühjahrstagung bot Rüstzeug für Umgang mit KI

BKU-Frühjahrstagung bot Rüstzeug für Umgang mit KI

Haben wir schon das nötige geistliche, wissenschaftliche und praktische Rüstzeug zum effizienten und ethisch verantwortbaren Umgang mit KI-Technologien? Die BKU-Frühjahrstagung im Kölner Maternushaus zum Thema „KI im Unternehmen“ leistete einen wertvollen Beitrag auf dem rechten Weg dahin.

Mit dem Grußwort des Vorsitzenden der BKU-Diözesangruppe Köln, Dr. Harald Rubner, und der Befragung eines KI-basierten Jesus-Chatbots begann die diesjährige Frühjahrstagung des Bundes Katholischer Unternehmer (BKU) im Kölner Maternushaus humorig. Ein lockerer Einstieg in das gewichtige Thema der Tagung, „KI im Unternehmen: Potenziale, Risiken und Beispiele“.

Domkapitular Dr. Dominik Meiering, geistlicher Berater der Kölner BKU-Diözesangruppe, bereitete den über 100 KI-Interessierten und Unternehmern im Tagungszentrum des Erzbistums Köln wiederum den nötigen geistlichen Boden der Tagung. „Wir glauben, dass Gott im Menschen gegenwärtig ist“, so Meiering, der eine Einleitung in das Angelus-Gebet gab, das die Tagungsteilnehmer sodann gemeinsam beteten.

Der Mensch selbst ist nicht ersetzbar – doch seine Arbeit schon?

Damit war die erste wichtige Erkenntnis und Gewissheit des Tages implizit ausgesprochen: Das, was den Menschen im Kern ausmacht, ist nicht ersetzbar, nicht einmal von der fortgeschrittensten Künstlichen Intelligenz. Denn Gott hat ihn nach seinem Ebenbild und als Person erschaffen und ist in ihm gegenwärtig – „alle Tage, bis zum Ende der Welt“.

Gleichwohl: Dass der Mensch bis ans Ende aller Tage Geld damit verdienen kann, für andere Menschen Steuererklärungen auszufüllen, Kundenservice zu leisten oder Texte zu schreiben, ist damit nicht gesagt. Erst recht ist damit nicht gesagt, wie der Mensch, besonders der unternehmerische, KI-Technologien einsetzen sollte, warum er das sollte und wie er das erfolgreich schaffen kann – ohne dabei einerseits, seine ethischen Prinzipien über Bord zu werfen, oder, andererseits, im internationalen Wettbewerb abgehängt zu werden.

Was nach geistigem Drahtseilakt klingt, vollzog sich am Freitag, dem 19. April 2024, im vollen Maternushaus ganz natürlich: Die geschickte Auswahl von Referenten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Militär und Theologie sorgte wie von selbst für einen ganzheitlichen und zugleich nicht überladenen Zugang zum Thema. Dazu trug auch die Moderatorin der Tagung, BKU-Mitglied Christina Ruschitzka, entscheidend bei.

Schritt-für-Schritt-Anleitung für KI-Implementierung in Unternehmen

Den Auftakt machten drei ausgewiesene KI-Experten: Jörg Bienert, Präsident des KI-Bundesverbands, Dr. Sebastian Stüker, Director Research Science beim Videokonferenz-Anbieter Zoom, und Dr. Mark Währisch von der Boston Consulting Group (BCG). Neben Impulsen zur Geschichte, Gegenwart und Zukunft Künstlicher Intelligenz war auch schon dieser Tagungsabschnitt voller wichtiger Praxiseinblicke. Bienert etwa legte gleich ein Schritt-für-Schritt-Modell vor, anhand dessen Unternehmen KI-Technologien in ihre Arbeit integrieren können.

Implementieren, lernen, adaptieren und skalieren – das ist der handlungsorientierte Vierklang des von Bienert vorgestellten „Use Case Driven Development“. Strategien wie diese braucht es in Deutschland dringend. Denn das Entwicklungsniveau der generativen Künstlichen Intelligenz hat die Anpassungsbereitschaft der Unternehmen längst überholt, wie Währisch erläuterte.

Die deutsche Wirtschaft muss einen KI-Kulturwandel vollziehen

Die ungeheure Innovationsgeschwindigkeit führte Stüker den Tagungsteilnehmern am Beispiel des Service-Sektors plastisch vor Augen: „Irgendwann wird der Mensch am anderen Ende der Leitung nur noch mit einer Maschine sprechen – und das wird nicht in 150 Jahren, sondern in den nächsten Jahrzehnten passieren.“

Gute Strategien braucht es auch, weil KI-Implementierung kein leichtes Unterfangen ist. Bienert betonte, dass der Return on Investment (RoI) bei KI-Projekten schließlich anfangs oft unklar sei. Deshalb dürfe die deutsche Wirtschaft aber nicht auf einen Kulturwandel hin zu mehr Risikobereitschaft verzichten, so der Präsident des KI-Bundesverbands.

Zu einem KI-Kulturwandel gehört auch KI-Bildung, wie Zoom-Forschungsdirektor Stüker besonders akzentuierte. Gleichsam dürfe aber auch nicht die Diversifizierung von Lieferketten vernachlässigt werden, gerade auch hinsichtlich der für KI-Technologien benötigten Halbleiter: „Deutschland muss eigenständig werden, Europa muss eigenständig werden.“ Zu lange sei die Politik hier untätig gewesen, mahnte Stüker.

KI-Experte Stüker lobt katholische Kirche für Weitsicht

Mit Blick auf die Unternehmensebene betonte Währisch, dass die erfolgreiche Implementierung von KI-Technologien in Unternehmen vor allem auch den Zugang zu den für maschinelles Lernen notwendigen Daten erfordere. Neben Data Scientists und Data Engineers sei dabei auch die Akzeptanz in der Belegschaft besonders gefragt.

Statt aufwendigen Großprojekten sollten zudem erst einmal kleinere KI-Baustellen angegangen werden, so Währisch. Stüker erinnerte zugleich daran, dass es beim Umgang mit KI-Technologien einen langen Atem brauche. In diesem Zusammenhang lobte er die katholische Kirche, die in Dekaden und Äonen statt in kurzen Zeitabschnitten denke.
Der zweite Tagungsabschnitt stand wiederum ganz im Zeichen der Praxis von KI-Anwendungen in Unternehmen, wobei es auch hier an ganzheitlichen Perspektiven nicht mangelte.

BKU-Vorstandsmitglied Klimke plädiert für menschliche Expertise und Ethik

Das bewiesen die einsichtsreichen Impulsvorträge und Diskussionsbeiträge von Dr. Katharina Schüller, Gründerin der STATUP Statistical Consulting & Data Science GmbH, Rainer E. Becke, Geschäftsführer von ShowBotiXX, Dr. Damian Klimke, Business Development Manager bei Taxy.io und Mitglied im BKU-Bundesvorstand sowie Dr. Robert Kothes, BKU-Mitglied und Head of Business Development bei GET Capital AG.

Neben dem Einsatz von KI-Technologien im Steuerbereich thematisierte BKU-Vorstandsmitglied Klimke dabei auch die ambivalente Beziehung zwischen Menschen und Künstlicher Intelligenz. Im Umgang mit KI-Technologien plädierte Klimke für menschliche Expertise und Ethik.

Aber auch lebenslanges Lernen sei in dem Kontext von Bedeutung. Nur so lasse sich mit dem Fortschritt der Künstlichen Intelligenz Schritt halten. Interaktiv wurde die Frühjahrstagung, als Klimke die Tagungsteilnehmer aufforderte, zuzuordnen, ob Zitate über Zweck und Wesen der KI von einer Chat-KI oder Papst Franziskus stammen – dessen Wiedererkennungswert sich im Votum des Publikums bestätigte.

Im Foyer des Maternushaus ergänzten vier Kölner KI-Startups, Evy Solutions GmbH, datasolut, pixolus GmbH und Technologique, den Einblick in dieses für Unternehmen dieser Tage so wichtige Thema der KI-Anwendungen, den die Referenten bereits in ihren Keynotes gewährt hatten.

FAZ-Herausgeber wirbt für menschengemachten Qualitätsjournalismus

Den krönenden Abschluss der gelungenen BKU-Frühjahrstagung bildete die ethische Auseinandersetzung mit KI-Technologien, die sich schnell in eine grundsätzliche Reflexion über ethischen Umgang mit Technologien und Medien entwickelte.

Das lag zuvorderst an den drei Referenten und ihrer breit gestreuten Expertise. Da war zum einen, Carsten Knop, einer der Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), der über die Integration Künstlicher Intelligenz in die redaktionelle Arbeit der FAZ sprach.

Er betonte die Chance, die KI im Journalismus bietet: mehr Konzentration auf die für Journalisten wesentliche Arbeit, während die KI die langweiligen oder zeitfressenden Aufgaben übernimmt. Gleichsam hob er hervor, dass es in der FAZ keine KI-verfassten Inhalte geben wird.

Abschließend warb er für menschengemachten und qualitativ hochwertigen Journalismus, dessen die Demokratie in ihrer nationalen und internationalen Krise umso mehr bedürfe.

Dramatische technologische und militärische Verschlafenheit Deutschlands

Dr. Ralph Thiele, Oberst a.D., Vorsitzender der Politisch-Militärischen Gesellschaft, Präsident von EuroDefense und CEO von StratByrd, besorgte wiederum einen geo- und verteidigungspolitischen Exkurs, der den Tagungsteilnehmern die dramatische technologische und militärische Verschlafenheit Deutschlands bildlich vor Augen führte. Wichtig war Thiele, die Aufmerksamkeit auf Methoden der hybriden Kriegsführung zu lenken.

Krieg fände längst auf verschiedenen Ebenen mit verschiedenen Beteiligten statt – und keineswegs mehr nur auf dem Schlachtfeld, sondern auch immer mehr über Wirtschafts- und Infrastrukturspionage, Cyberterrorismus und KI-Bots.
Von Thieles Vortrag konnte man, bereits zum zweiten Mal an diesem Tag, die Losung mitnehmen: Deutschland muss endlich angemessen in seine militärischen und technologischen Kapazitäten investieren, um mit den Entwicklungen in Weltwirtschaft und Geopolitik Schritt halten zu können.

Wissen um Rechtmäßigkeit und Sinn unseres Handelns darf nicht verloren gehen

Angesichts aller im Raum stehenden Not, Schritt zu halten, angesichts aller auf der Frühjahrstagung eindringlich veranschaulichten Notwendigkeit eines neuen, ernsthaften Strebens nach Sicherheit und wirtschaftlichem wie technologischem Fortschritt, hielt der Sozialethiker und Moraltheologe Prof. Dr. Peter Schallenberg seinen Impulsvortrag zur rechten Zeit am rechten Ort.

In einem so humorvollen wie tiefgründigen Parforceritt durch die Entwicklung „mittelmeerischer“ Ethik lenkte er die Aufmerksamkeit auf das, was bei allem ökonomischen und technologischen Voranpreschen nicht verloren gehen darf: das Wissen um Rechtmäßigkeit und Sinn menschlichen Handelns.

Seinen Zuhörern rief er erst die Unterscheidung zwischen bios und zoé, quantitativem Überleben und qualitativem Leben, in Erinnerung, um dann zwischen Poiesis und Praxis, selbstzweckhaftem und schöpferischem Handeln, zu differenzieren.

Zwei Grundsätze altgriechischer Philosophie erklären den Menschen

Damit rückte er Unterscheidungen in den Vordergrund, die das Fragen nach dem Guten jenseits instrumenteller Vernunft überhaupt erst möglich machen. Das durch die KI absehbar kaum erreichbare Proprium des Menschen erklärte Schallenberg mit zwei Grundsätzen hellenischer Philosophie – „Nicht mit zu hassen, mit zu lieben bin ich da!“ (Antigone) und „Lieber Unrecht erleiden, als Unrecht tun!“ (Plato, Gorgias).

Manch einer wünsche sich zwar, so Schallenberg, lieber einen rund um die Uhr verfügbaren und – sofern er zumindest nach Programm läuft – stets gut gelaunten Pflegeroboter anstelle eines gestressten und selten präsenten menschlichen Pendants. Aber würde man das wirklich wollen, mit allen Konsequenzen? Schallenberg näherte sich dieser Frage mit der nötigen Einfühlsamkeit und ließ sie letztlich offen.

Das Rüstzeug zur selbstbestimmten Beantwortung gab er seinen Zuhörern aber mit. Dasselbe kann auch für die Frühjahrstagung insgesamt gelten: Soweit man schon seriös davon sprechen kann, dass es das nötige geistliche, wissenschaftliche und praktische Rüstzeug zum effizienten und ethisch verantwortbaren Umgang mit KI-Technologien bereits gibt, haben sich die Tagungsteilnehmer daran bedienen dürfen.

Bericht: Marco Fetke
Bild: Hans-Peter Meinhardt

zurück

Bund Katholischer Unternehmer e.V.
Georgstr. 18 // 50676 Köln

E-Mail: service@bku.de
Telefon : 02 21 / 272 37 - 0
Dresden Görlitz Leipzig Magdeburg Berlin/ Brandenburg Mecklenburg Vorpommern Hamburg Hannover/Hidesheim Passau Regensburg München Freiburg Stuttgart Saar/ Trier Kurpfalz Augsburg Eichstätt Würzburg Bamberg Aschaffenburg Rhein-Main Fulda Koblenz Aachen Düsseldorf Köln Bonn Ruhrgebiet Paderborn Münster Osnabrück Erfurt