DG-Vorsitzender richard schütze zu cannabis-legalisierung, selbstbestimmungsgesetz und 218 stgb

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Im Radio Horeb-Wochenkommentar unterzieht Richard Schütze, Vorsitzender der BKU-Diözesangruppe Berlin-Brandenburg, die aktuellen Vorhaben der Ampelregierung einer kritischen Überprüfung. Dabei spart Schütze aber auch nicht mit Kritik an der Union, die sich nun zwischen einem christlichen Menschenbild und einem solchen zu entscheiden habe, das den Menschen vergöttliche.

Unser Bild vom Menschen prägt wesentlich unsere Überzeugungen in Bezug auf die Ziele und den Sinn des Lebens. Und auf das, was als ein "gutes Leben" bezeichnet wird. Menschenbilder und Weltanschauungen bestimmen auch unsere Vorstellungen von der Gestaltung unseres gesellschaftlichen Lebens und der staatlichen Ordnung, insbesondere der Rechtsordnung.

Die sogenannte Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP ist in Bezug auf die Vorstellungen davon, wer und was der Mensch ist, sehr heterogen zusammengesetzt. Während die SPD traditionell eher das Kollektiv aller Menschen als Träger der Geschichte ansieht und der individuellen Freiheit skeptisch gegenübersteht, steht für die FDP das Individuum als weitgehend autonom handelndes Subjekt im Mittelpunkt.

Dieses Individuum ist ganz grundsätzlich sein eigener Gesetzgeber und entscheidet autonom im Sinne von selbstherrschend und autark im Sinne von sich selbst genügend, was gut und was weniger gut ist.

Das Menschenbild der Grünen ist eine Mixtur; sie sehen den Menschen zuvörderst als ein höher qualifiziertes Wirbel- und Säugetier, das auch fähig und in der Lage ist, alle anderen Arten auszurotten, also die Artenvielfalt zu bedrohen und die eigenen Lebensgrundlagen – Stichwort Weltklima und CO2-Emissionen – zu zerstören.

Ampel-Konflikte basieren auf divergierenden Menschenbildern

Die Erhaltung der Natur auf einem noch nicht exakt definierten Status Quo ist für die Grünen ein oberstes Ziel aller Politik. Dafür muss alles investiert werden, was verfügbar und irgendwie noch generierbar ist.

Der Mensch als gefährlichstes Raubtier aller Zeiten, so nannte ihn zum Beispiel ein Repräsentant der Nichtregierungsorganisation „Club of Rome“, muss in seiner Gier nach immer mehr Wohlstand und Wachstum viel strikter reguliert und seine Irrationalität durch eine intensivere staatliche Betreuung eingehegt werden.

Dabei – so sagen manche selbsternannte Klimaschützer – können die Prozesse der Demokratie sogar hinderlich sein. Da es in Bezug auf das Weltklima „5 vor 12“ sei, müsste gegebenenfalls auch – zumindest punktuell – mit autokratisch-diktatorischen Maßnahmen „durchregiert“ werden können.

Viele aktuelle Konflikte in der Ampel wie beispielsweise die Streitigkeiten um die Finanzierung der kontinuierlich wachsenden Staatsausgaben und neue Beamtenheere durch immer neue Abgaben und mehr Steuern für die Bürger – Stichwort Vermögens- und Erbschaftssteuer – und immer neue Regulationen – Stichwort Heizungsgesetz – haben hier in diesen divergierenden Menschenbildern und Weltanschauungen ihre Ursache.

Cannabis-Anbau und -Konsum kann kaum effektiv kontrolliert werden

Die FDP versucht, alle sozialistischen Experimente von SPD und Grünen mit dem Hinweis auf die verfassungsrechtlich garantierten Grund- und Freiheitsrechte der Bürger und die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse einzudämmen. Damit hat sie – zumindest in der Finanz- und Haushaltspolitik – den schwarzen Peter des ewigen Störenfrieds in der Ampel.

Doch es gibt ein paar Baustellen, die für die drei Ampel-Parteien eine Ventil-Funktion erfüllen. Die Ampel eint einige gesellschaftspolitische Vorhaben, die an den FDP-Slogan der ersten sozialliberalen Koalition von SPD und FDP im Jahr 1969 erinnern: „Wir schneiden alte Zöpfe ab.“ Hier – so hofft man – kann sich die Ampel als Modernisierungsregierung
profilieren.

Mit der weitgehenden Legalisierung der Cannabis-Droge zum 1. April 2024 wurde einem vor allem von den Grünen seit Jahr und Tag propagierten Anliegen Rechnung getragen. Die FDP vertraut hier der Vernunft der für sich selbst verantwortlichen Individuen und mag sich nicht weiter einmischen. Das Cannabis-Gesetz ist aber so komplex und in der Handhabung so kompliziert konzipiert, dass der Cannabis-Anbau und -Konsum von den Polizei- und Ordnungsbehörden kaum oder nur mit einem immensen personellen Aufwand kontrolliert werden kann.

Es gibt in dem Gesetz wieder den ampeltypischen Dschungel von bürokratischen Regelungen zu Eigenanbau und Privatkonsum, gemeinschaftlichem Anbau in Anbauvereinigungen und differenzierte Altersgruppen mit Konsumbeschränkungen nach Gramm-Einheiten. Soll die Polizei jetzt auf der Straße oder in privaten Wohnungen mit einer Waage auftauchen und die entsprechenden Mengen aufspüren und nachmessen?

Polizeiexperten und Mediziner warnen, dass Cannabis eine klassische Einstiegsdroge in den Rauschgiftkonsum sei und der Konsum besonders Jugendlichen in der Wachstumsphase erheblich schade. Im Ergebnis wird es darauf hinauslaufen, dass fast keine oder nur stichprobenartige Kontrollen durchgeführt werden. Ob so der Drogen-Schwarzmarkt ausgedünnt werden kann, ist nach der Meinung von Polizei-Experten mehr als zweifelhaft.

CDU hat dem Selbstbestimmungsgesetz wenig entgegenzusetzen

Das Selbstbestimmungsgesetz wiederum ist vor allem ein Herzensanliegen
von FDP-Justizminister Marco Buschmann gewesen. Damit soll es trans-, intergeschlechtlichen und nichtbinären Menschen erleichtert werden, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen zu ändern.

Ganz im Einklang mit der FDP verlautbaren dazu die Grünen: „Ab November können transgeschlechtliche Personen per Selbstauskunft beim Standesamt ihren Vornamen und Personenstand ändern lassen. Es braucht hierfür keine teuren Gerichtsprozesse oder erniedrigende Begutachtungen mehr. Die Entscheidung über die eigene Identität kann nun jeder Mensch für sich selbst treffen.“

„Dieses Recht auf ein selbstbestimmtes Leben und freie Entfaltung“ sei –
so meinen die Grünen – durch das Grundgesetz garantiert – diese Überzeugung verbinde unsere Gesellschaft. Auch Minderjährige können danach beantragen, ihr Geschlecht unabhängig von den biologischen Merkmalen – wie den vorhandenen Geschlechtsorganen oder dem hormonellen und genetischen Status – als „männlich“, „weiblich“ oder „divers“ eintragen zu lassen. Dabei kann die Zustimmung der Eltern durch ein Familiengericht ersetzt werden.

Die geschlechtliche Selbstdefinition kann jährlich geändert werden. Während Feministinnen wie Alice Schwarzer gegen das Gesetz erfolglos Sturm liefen und darin das Ende des Schutzes von Frauen vor Benachteiligungen zum Beispiel im Sportbereich, aber auch bei Quotenregelungen im beruflichen Alltag und sogar von sogennanten Frauenhäusern sehen, laviert erstaunlicherweise die CDU.

Zeitgeistaffin meint die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende und schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien: „Die Kategorien Mann und Frau bilden einen Rahmen, innerhalb dessen vielfältige Ausprägungen von Geschlechtlichkeit möglich sind – sowohl genetisch, anatomisch und hormonell, als auch psychologisch und sozial.“

Demnach ist das christlich-biblische Verständnis, dass Gott den Menschen als Mann und Frau schuf, geschreddert, und die alttestamentarische Offenbarung in Genesis mit Adam und Eva als den ersten Menschen und der Ur-Familie der Menschheit ist nichts weiter als ein frommes Märchen. „Und wenn ich nicht mehr weiter weiss, dann gründ‘ ich einen
Arbeitskreis.“

Ampel kündigt den Abtreibungskompromiss auf

Nach dieser Devise hat die Ampel zum dritten Schlag innerhalb kurzer Zeit ausgeholt. Eine von der Regierung eingesetzte sogenannte Expertenkommission kam auftragsgemäß zu dem erwarteten Ergebnis, dass die Regelung der Zulässigkeit bzw. des Verbotes von Abtreibungen im Strafgesetzbuch den Menschenrechten und sogar dem Völkerrecht widerspreche.

Entgegen dem sogenannten Abtreibungskompromiss mit Indikationen und einer Beratungsverpflichtung der Schwangeren vor einer Abtreibung in § 218 StGB soll nun das Selbstbestimmungsrecht der Frauen in einem urliberalen Sinn absoluten Vorrang vor dem Lebensrecht von ungeborenen Kindern erhalten. Damit würde eine wichtige Funktion des Strafrechts, nämlich ein Unrechtsbewusstsein wach zu halten, entfallen.

In der DDR, so die Thüringer evangelisch-lutherische Regionalbischöfin Friederike Spengler, wurde Abtreibung als eine normale Variante der
Verhütung propagiert. Da es auch keine Beratungspflicht gab, so beschwerte sich eine 17-Jährige bei der Bischöfin, sei sie wehrlos der Erpressung auch der eigenen Familie, als Schwangere auf jeden Fall abzutreiben, ausgesetzt gewesen. Die Dilemma-Situation mit einer Abwägung der Rechtsgüter, sei gar nicht mehr wahrgenommen und auch nicht ernsthaft besprochen worden.

Die Ampel zögert noch, auch bei diesem dritten gesellschaftspolitischen Projekt die Dämme einzureißen. Denn im Hintergrund geht es auch um die Frage, wann ein Mensch ein Mensch ist und nicht nur ein Mensch wird. Ist ein Mensch nur der, der sich selbst äußern und die eigenen Interessen vortragen und durchsetzen kann? In Belgien gibt es schon eine ernsthafte Initiative, assistierten Suizid angesichts der absehbaren Unfinanzierbarkeit von Pflegeleistungen im Alter als eine Möglichkeit zu erwägen, die Gesellschaft mit sozusagen unproduktivem Leben nicht weiter zu belasten.

Ende des gesellschaftspolitischen Kitts der Ampel?

Wie auch immer dieses Gefecht um die Aufdröselung des sogenannten Abtreibungskompromisses aus den 90er Jahren ausgeht; mit diesen drei Themen hat die Ampel dann ihren gesellschaftspolitischen Kitt auch aufgebraucht. Danach geht es dann wieder vornehmlich um Wirtschaft und Finanzen, Steuern und Abgaben – und die FDP wird versucht sein, der Ampel nach vielleicht desaströsen Wahlergebnissen im Herbst bei den Landtagswahlen in den neuen Bundesländern Ade zu sagen und sich der Union zuzuwenden, um eine Chance auf einen Wiedereinzug in den nächsten Bundestag zu wahren.

Für die Union aber stellt sich die Gretchen-Frage: Wie hältst Du es mit dem christlichen Menschenbild als Deiner Leitkultur? Denn die Anerkennung Gottes als Schöpfer und naturrechtlichem Gesetzgeber macht einen entscheidenden Unterschied zu einer Politik auf der Basis von Menschenbildern, die den Menschen vergötzen.

Richard Schütze, Vorsitzender der DG Berlin-Brandenburg

Aktuelles

// Spiritualität, Vernetzung und Strategie: Bericht von den UNIAPAC-Besinnungstagen 2024

Die internationalen Besinnungstage der UNIAPAC vereinten christliche Unternehmer aus ganz Europa im ungarischen Esztergom, um über den gemeinsamen Weg und die Herausforderungen christlich motivierter Unternehmensführung zu diskutieren. Spirituelle Vertiefung, kultureller Austausch und strategische Zukunftsfragen standen dabei im Mittelpunkt.

// Zwei Vorstände, fünf Mitglieder: BKU zählt insgesamt sieben ZdK-Mitglieder

Der Bund Katholischer Unternehmer (BKU) ist wieder mit zwei seiner Vorstandsmitglieder im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) vertreten. Der BKU-Vizevorsitzende Daniel Trutwin und der BKU-Ehrenvorsitzende Prof. Dr. Dr. Ulrich Hemel werden auch weiterhin die Interessen des BKU und die Prinzipien der katholischen Soziallehre im ZdK vertreten. Darüber hinaus sitzen fünf weitere BKU-Mitglieder in dem katholischen Laiengremium.

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