Über 50 Teilnehmer zog die Vortragsveranstaltung in der Stadtsparkasse Oberhausen am 5. Oktober 2017 an zum Thema „Wird das Bargeld abgeschafft? Konsequenzen einer Welt ohne Geld.“
Prof. Dr. Norbert Kleinheyer
Noch ist es Alltag, mit Bargeld zu zahlen. Doch nehmen hier wie vor allem im Ausland bargeldlose Zahlungen zu – sei es über Scheck- bzw. Kreditkarte, per Smartphone oder beispielsweise beim Versandhandel per Überweisung oder beim Autokauf per Leasing, so dass die Bezahlung zeitversetzt bargeldlos erfolgt.
Vor allem die Deutschen lieben das Bargeld. Warum sich dann den Kopf darüber zerbrechen, welche Konsequenzen eine Welt ohne Geld hat? Nun, Länder wie Frankreich oder Italien haben bereits eine Obergrenze zur Abhebung von Bargeld eingeführt. Die Ausweispflicht für Barzahlung wurde in Deutschland im Juli 2017 auf 10.000 Euro reduziert. Neue 500-Euro-Scheine gibt die EZB ab Januar 2018 nicht mehr heraus, so dass es aufgrund des Verschleißes etwa 20 Jahre später auch keine solchen Scheine mehr gibt.
Im Zusammenhang mit der EURO-Krise erinnern wir uns an Bilder, wo Menschenschlangen erst vor wenigen Jahren in Griechenland oder Zypern vor den Bankautomaten standen, um ihr Erspartes in Sicherheit zu bringen. Bereits existierende EU-Regelungen erlauben einen Auszahlungsstopp von bis zu zwei Tagen bei kriselnden Banken. Ein aktuelles EU-Dokument zeigt aber, dass sich die EU weitere Maßnahmen überlegt, um Bankkunden daran zu hindern, in Krisenzeiten Geld von ihrem Konto abzuheben. Die Pläne sehen vor, Auszahlungen für bis zu fünf Werktage auszusetzen. Liegen „außergewöhnliche Umstände“ vor, könne die Periode bis auf 20 Tage ausgeweitet werden. Dieser Vorschlag soll einen Banken-Run, wie zuletzt in Spanien bei der Banco Popular, verhindern.
Vor diesem aktuellen Hintergrund mit Blick auf die Zukunft organisierte die DG Ruhrgebiet des BKU gemeinsam mit der Stadtsparkasse Oberhausen und dem Katholikenrat der Stadt Oberhausen die Veranstaltung mit dem renommierten Prof. Dr. Norbert Kleinheyer, bis 2013 Geschäftsführer des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen und selbst Mitglied im BKU. So waren ihm die wirtschaftlichen wie auch ethischen Aspekte des Themas wichtig.
Prof. Kleinheyer erläuterte ausführlich die Bedeutung des Bargeldes, das nichts anderes sei als eine Forderung gegenüber dem Staat, früher mit Gold besichert. So sei es schon ein Widerspruch an sich, dass der Staat heute eine Steuerzahlung in Bargeld – dem staatlichen Zahlungsmittel – verweigere. Bargeld werde zum einen für Alltagsgeschäfte im Herkunftsland des Geldes genutzt, der EURO aber auch zu einem erheblichen Teil zur Wertaufbewahrung und immerhin zu einem Viertel auch von Nicht-EURO-Ländern verwandt. Im Durchschnitt habe jeder Deutsche 103 EURO im Portemonnaie.
Bargeldgegner führten an, dass Bargeld zur Schattenwirtschaft, Kriminalität wie Waffengeschäften oder Korruption missbraucht würden. Zudem verursache Bargeld Kosten aufgrund der Herstellung, der Notwendigkeit des Zählens, Kosten der Aufbewahrung und sei mit Verzicht auf Zinsen verbunden. Die Kriminalität habe aber längst, so Prof. Kleinheyer, auch den digitalen Zahlungsverkehr und andere Ausweichmethoden gefunden.
Das Geldwäschegesetzt, führte der Referent aus, werde in Deutschland immer schärfer und verlagere staatliche Aufgaben der Strafverfolgung auf Banken und Einzelhändler. „Steckt da evtl. eine andere Absicht hinter als nur die Erschwerung der Geldwäsche?“ fragte Prof. Kleinheyer kritisch in Anbetracht der völlig unverhältnismäßigen Bürokratie. Daher gebe es bereits Wissenschaftler, die das Bargeld im Grundgesetz verankern wollten. Bargeld bedeute Freiheit und Wahrung der Privatsphäre. Es schütze davor, dass der zahlende Bürger seine Spuren automatisch elektronisch für den Handel und die Werbung, aber auch für den Staat als gläserner Bürger hinterlasse. Es begrenze die Negativpolitik der EZB und bedeute ein Stück weit Insolvenzschutz z.B. in Griechenland.
Zudem, so betonte der Referent, habe das Bargeld einen nicht zu unterschätzenden didakti-schen Wert, weil Münzen oder Gelscheine begreifen ließen, was Haushalten, Sparen, Wirtschaften bedeute. Davon hätten viel zu viel Bürger sowieso zu wenig Kenntnis. Wenn dann die Bezahlung nur noch voll elektronisch abliefe, habe die Bevölkerung gar kein Verständnis mehr für wirtschaftliche Fragen, Tausch von Ware gegen Geld. Wenn aber einmal das Vertrauen in eine Währung verloren sei, gehe der Bürger andere Wege z.B. über Devisen oder horte Geld oder schaffe sich eine eigene Währung z.B. über Zigaretten, wenn er nicht gar in die Illegalität abgleite.
Die Forderung nach verantwortungsbewusstem Umgang mit den modernen elektronischen Zahlungsmethoden und die Bewahrung des Bargeldes für die freie Wahlmöglichkeit des Bürgers, wie er zahle, waren das Ergebnis des Vortragsabends mit Diskussion. Er passte gut in das diesjährige bundesweite Thema des BKU: „Wirtschaft N.E.U. denken“.
Vertiefende Lektüre dazu ist z.B. zu finden im Internet unter
www.bundesbank.de -> Publikationen -> Forschung -> Studien (Stichwort: Bargeld)
Wer sich dafür einsetzen will, dass Bargeld im Grundgesetz verankert wird, kann die entsprechende Initiative im Internet von Prof. Starbatty u.a. unterzeichnen:
www.bargeld-ins-grundgesetz.de
Elisabeth Schulte, Vorsitzende der DG Ruhrgebiet im BKU